Wolfsblut – Die sieben Töchter: Kapitel 9 Akt I – Verbunden

Kategorien
4.8
(18)

Zurück zum ersten Teil

Anmerkung der Autorin: „Wolfsblut – die sieben Töchter“ ist eine weit gesponnene Geschichte über mehrere Kapitel hinweg. Um alle Geschehnisse nachvollziehen zu können wäre es von Vorteil vorangegangene Kapitel zuerst zu lesen.

~~~~

12 Monate vor den Ereignissen in Kapitel 1

Laura und Katja bekamen nicht viel Zeit für sich selbst. Gerade stiegen sie am Morgen nach ihrer Ankunft ohne sich anzuziehen aus dem Bett und machten sich Frühstück, da klingelte auch schon Lauras Handy. Ihr Bauch zog sich ein wenig zusammen, als sie daran dachte wer das wohl sein könnte.

„Willst du nicht ran gehen?“, fragte Katja.

Laura zögerte. „Jain. Das werden meine Eltern sein… Und ich glaube ich weiß, dass ich mich auf den Anschiss meines Lebens gefasst machen kann.“

Ihr war sehr wohl bewusst – und da gab sie Sarah recht – dass sie mit ihrer Entscheidung bei Katja zu bleiben einiges von ihnen abverlangte. Besonders ihr Vater war immer derart „beschützend“ gewesen, dass er ihr oft verbot das Haus zu verlassen. Da sie neben Sarah niemand wirklich Wichtiges hatte und diese ihre Eltern gut kannte, waren die beiden oft in Lauras Zimmer und verbrachten so Zeit miteinander.

Auf Lauras Frage warum er sich so verhielt antwortete er immer nur indem er zu dem zurückkehrte was er tat, als die Frage aufkam. Das machte sie immer fuchsteufelswild und lernte es zu hassen ignoriert zu werden. So stellte Laura ihr Handy auf Vibration, um wenigstens mit Katja in Ruhe frühstücken zu können während es weiter Sturm klingelte. Kaja jedoch konnte ihr Glück, dass sie mit Laura hatte kaum fassen. Da gab es tatsächlich einen Menschen – eine Fremde – die >sie< ihren Eltern vorzog.

Noch immer fragte sie sich wie sie das verdiente, als Laura nach dem Essen ihr nach nach Aufmerksamkeit schreiendes Telefon in die Hand nahm und den Bildschirm anstarrte.

„Ich finde du solltest ran gehen“, sagte sie und umarmte Laura von hinten.

„Wozu?“, erwiderte sie missmutig, „ich weiß doch schon genau was sie sagen werden. Und sie werden mich rum kommandieren, ich solle gefälligst nach Hause kommen.“

„Und selbst wenn, ist es deine Entscheidung ob du gehorchst oder nicht. Du bist 18 und kein Kind mehr.“

„Ich weiß nicht, ob ich die Kraft dazu habe ihnen das zu sagen.“

„Wenn du noch ein wenig Zeit brauchst, dann nimm sie dir. Es ist ja nicht so, dass wir irgendwo hin müssen“, sagte Katja verführerisch und streichelte Laura lustvoll.

Mit einem wissenden Lächeln stellte sie ihr Handy auf lautlos, dann warf sie es bei Seite in eine Ecke des Sofas und gab sich Katja hin, die sich über die Rückenlehne auf sie stürzte.

Sie warf sich darüber hinweg zu ihrer Liebsten, wo sie liebevoll wie junge Wölfe miteinander rangelten, bis Katja sie schließlich ein wenig in den Nacken biss und verführerisch sagte: „Grrrrr, hab dich.“

„Bin ich etwa deine Beute?“, fragte Laura auflachend.

„Jap! Und jetzt vernasch ich dich!“

Dann stand Katja auf und trug Laura wie ein Bräutigam seine Braut durchs Wohnzimmer und dann zur Treppe hinauf, während Laura sich an sie schmiegte. Sie schmiss sie, oben angekommen, auf das ausladende Doppelbett und stürzte sich erneut auf sie. Sie küsste sie auf den Bauch, die Brüste, den Hals, dann den Mund. Laura öffnete ihre Beine für Katja die sich diese Einladung nicht entgehen ließ und ihre nackten Körper aneinander rieb wo es am schönsten war.

Mit Armen und Beinen umklammerte sie Katja und versuchte sich den Zärtlichkeiten hinzugeben. Doch etwas störte sie – hielt sie zurück. Ihre Eltern und deren Sorge die sie wohl auf jeden Fall haben würden, gaben ihr zu Denken. Ohne es zu merken sendete sie auch entsprechende Signale der Unentschlossenheit an Katja. Diese stieg von ihr ab und reagierte zum Glück nicht mit Unzufriedenheit darüber ihrer Lust beraubt worden zu sein. Nachdem sie sich neben sie auf den Bauch gelegt und den Kopf auf die Arme gestützt hatte, fragte sie Laura was sie bedrückte.

„Ich krieg meine Eltern nicht aus der Birne“, sagte Laura betrübt und setzte sich im Schneidersitz auf. Abwesend pulte sie an ihren Fingernägeln und fuhr dann nach einer Pause kapitulierend fort: „Ich werde mit ihnen reden müssen, stimmts?“

„Wäre besser“, erwiderte Katja noch immer seltsam unbekümmert.

„Du wirkst so, als ob dich das gar nicht tangiert.“

„Doch tut es, aber helfe ich, wenn ich auf den Knien rutsche und dich anbettle nicht zu gehen? Eher weniger. Außerdem: ich geh doch nirgendwo hin und bin mobil. Ich kann mir sogar ein Apartment in Frankfurt suchen wenn du möchtest. Aber was du machst wenn deine Eltern dich nach Hause zitieren, ist ganz allein deine Entscheidung. Natürlich würde ich es bevorzugen wenn du hier in London bleibst, aber… Ich liebe dich. Und das wird sich nicht ändern weil ein bisschen Ärmelkanal zwischen uns liegt. Wenn du dich entscheidest zu gehen, dann muss ich das zulassen.

Und so meinte Katja das auch. Sie dachte gar nicht mehr daran, dass im bayrischen Wald ein ungeduldiger Vater auf das Testergebnis des siebten Mädchens wartete, dass in ihr eventuell Tierblutgene schlummern könnten, oder an ihre vielen Freunde auf dem Schloss.

„Ich liebe dich auch“, sagte Laura verlegen schmunzelnd und ließ sich auf Katja kullern. „Lass uns noch kurz kuscheln, dann rede ich mit ihnen.“

„Gutes Mädchen.“

~~~~

„Johannes, jetzt beruhig dich bitte mal, so machst du dem Kind nur Angst!“, fauchte Lauras Mutter am anderen Ende der Leitung zu ihrem Vater, der außer sich war vor purem Zorn. Was auch mit der Grund war, warum ihre Mutter mit ihr sprach. „Erst erfahren wir von dir in einer SMS, dass du deinen Urlaub von einer wildfremden Person verlängert bekommen hast und dann als wir so schon schlaflos vor Sorge am Flughafen warten, fast schon dort gelebt haben, kommt uns Sarah alleine entgegen und erzählt uns, was du dir in den Kopf gesetzt hast. Du warst immer so ein braves Kind, aber was du hier erlaubt hast, Fräulein, sprengt den Rahmen!“, monologte Lauras Mutter weiter, nachdem sie sich mit knappem „Hallo“ und „wie gehts dir“ erkundigt hatte, dass ihre Tochter unversehrt war. Sie hatte genau gehört wie der Stein vom Herzen ihrer Mutter zu Boden fiel.

Laura hatte ihr Handy auf Lautsprecher gestellt, sodass Katja mithören konnte, die sich das Kichern nicht nehmen ließ. Und auch Laura konnte die Situation mit ihrer Liebsten neben sich nicht vollständig ernst nehmen. Auch wenn sie wusste, dass ihre Eltern zu Recht so sauer auf sie waren.

„Ich weiß jetzt nicht so wirklich was ich sagen soll, Mama. Ich will bei Katja bleiben.“

„Schätzchen natürlich willst du das, genauso wie du Verena eine Vollmacht für dein Briefgeheimnis geben wolltest, obwohl du sie erst zwei Wochen kanntest. Aber auch das ging vorbei. Hast du dir denn gar keine Gedanken um deine Zukunft gemacht? Was du mal arbeiten willst? Du hast den ganzen Sommer nicht eine Bewerbung geschrieben, dieses Jahr kannst du es vergessen noch eine Ausbildung oder einen Studienplatz zu bekommen.“

„Mama!“

„Und was soll aus mir und Papa werden? Hast du eine Ahnung was für Sorgen wir uns gemacht haben?“ Sie begann zu schluchzen. „Und immer noch machen…“ Mit ihren letzten Worten, brach ihre Stimme endgültig und sie weinte in der Ferne, als Lauras Vater ans Telefon ging.

„Junges Fräulein…“, begann er mit einem tiefen Seufzen das Laura nur zu gut kannte.

Ohne, dass sie es merkte schaltete ihr Hirn in atemberaubender Geschwindigkeit und der Wille bei Katja zu bleiben hielt sie ihn vom Fortfahren ab: „Ich bin 18 Papa.“

„Was?“, erwiderte er perplex, denn mehr als im Scherz gemeinte Widerworte war er von seiner Tochter nicht gewöhnt.

„Ich bin jetzt erwachsen und kann für mich selbst entscheiden. Ich bleibe bei Katja.“

„Das sehen wir noch.“ Und bevor Laura überhaupt reagieren konnte, beendete er den Anruf.

„Na das lief ja super“, meinte Katja sarkastisch und starrte ungläubig auf das Handy auf dem Tisch. „Du hast wirklich nicht übertrieben mit ihm.“

Laura wirkte matt und angeschlagen. „Nein, hab ich nicht“ sagte sie, und zog ihre Beine zu sich um sie zu umklammern. Wie sie so in Embryo-Stellung auf dem Sofa saß, tat sie Katja mächtig leid und wirkte ein wenig wie jemand der realisiert hatte einen großen Fehler begangen zu haben.

„Was auch passiert, Kleines. Ich bin immer bei dir. Hier drin“, sagte Katja und legte von der Seite unter Lauras Arm hindurch eine Hand auf ihr Herz. „Für immer.“

„Für immer“, wiederholte sie bekümmert und lehnte sich an sie.

Die nächste Hürde die die beiden zu meistern hatten, stand eine Woche später vor der Tür; Ein großer schlanker Mann, mit kurzen blonden Haaren und freundlichen Gesichtszügen, der sich höflichst vorstelle: „Guten Tag junge Dame, ich bin Gregory Sinclair und Oberinspektor bei Scotland Yard.“ Mit einer leichten Neigung wies er auf seinen Begleiter, der einen Kopf kleiner war als Katja, mit nussbraunem Haar und entweder mies gelaunt oder diesen Ausdruck hatte wenn er sein Gesicht ruhen ließ, „Und das ist mein Kollege Ryan Powell.“

„Guten Tag“, brummte die Stimme Powells in einem angenehmen raspelnden Bariton.

„Scotland Yard?“, fragte Katja die möglichst verblüfft und ahnungslos tat, da sie innerlich bereits die Augen rollte und vermutete, was es damit auf sich hatte. „Dürfte ich ihre Ausweise sehen?“

„Selbstverständlich“, lächelte Sinclair sie mit verboten weißen Zähnen an und zeigte seine Marke vor mit der Gravur ‚New Scotland Yard‘, ebenso wie seinen Ausweis. Dann fuhr er fort, „sie sind Katja von Wildenthal nehme ich an? Es ist so, wir haben von Interpol den Auftrag, sowie die Genehmigung bekommen eine GPS Ortung des Telefons einer vermisst geglaubten Person durchzuführen. Anscheinend befindet sich besagtes Gerät in ihrem Apartment und wir würden uns gerne ein wenig bei ihnen umsehen, sofern sie nichts dagegen hätten.“

„Nun, da haben sie Glück, wir sind gerade erst mit dem Mittagessen fertig geworden. Bitte“, sagte Katja und trat zur Seite. Die beiden sahen sich möglichst ausdruckslos im ausladenden Eingangsbereich um, mit der Treppe die in die oberen beiden Ebenen führte und der kleinen Fernsehecke. Ganz am Ende befanden sich ein Essbereich und ein türloser Rahmen der zur Küche führte.

„Sie sagten ‚wir‘ sind eben mit dem Essen fertig geworden… Teilen sie dieses Apartment mit jemandem?“ Sein Englisch klang hart und er rollte das R stark. Katja vermutete er stamme ursprünglich aus Schottland. Aufmerksam war er aber, das musste sie ihm lassen.

„Mit meiner Freundin, um genau zu sein.“

„Wie schön, warum stellen Sie uns einander nicht vor?“, sagte er unschuldig und tauschte mit Katja ernste Blicke aus, die seinem Wunsch jedoch nachkam.

„Laura! Kommst du mal bitte! Wir haben Besuch!“, rief Katja in die Küche und das Gerumpel von Geschirr und der Spülmaschine, die sie gerade einräumte verstummte.

Abwesend kam Laura durch den Türrahmen, als sie Sinclair bemerkte. „Greg!“, stieß sie plötzlich hervor, rannte los und schmiss sich dem Mittvierziger um den Hals.

„Ohjee, da freut sich aber jemand“, sagte er überrascht und erwiderte ihre Umarmung.

„Was machst du denn hier? Und wie hast du mich gefunden?“ Sie ließ ihn los und umarmte Katja auf Hüfthöhe, die sich neben sie gestellt hatte.

„Naja…“, begann er und so langsam dämmerte es auch Laura, „deine Eltern haben sich an Interpol gewandt und dein Handy orten lassen. Sie durften ihnen zwar nicht die genaue Adresse geben, aber sie wissen dass du hier in London bist. Eigentlich sollte dich ein anderer Kollege heute Besuchen, aber der ist ein langjähriger Freund von mir also hab ich einen Gefallen eingelöst.

„Woher kennt ihr euch?“, fragte Katja forsch, die sich fragte woher Laura einen Scotland Yard Beamten kannte und das auch noch beim Vornamen.

„Greg ist mein Onkel“, sagte Laura begeistert an Katjas Schulter hinauf,

„Und er hasst es immer noch so genannt zu werden“, sagte er mit singendem Unterton und dezent knirschenden Zähnen, während Powell gluckste. Die drei schauten ihn an, Katja ausdruckslos, Sinclair ernst und Laura belustigt. Powell drehte sich ertappt um und schaute aus dem Fenster.

„Wie auch immer, deine Eltern machen sich größte Sorgen um dich und haben dich bereits als entführt gemeldet. Wurdest du entführt?“

Katja löste sich aus Lauras Griff und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn: „Ich bin duschen, kommst du nach?“

„Er ist unkompliziert, das dauert bestimmt nicht lang.“

„Gentlemen“, sagte Katja zur Verabschiedung an die beiden gewandt und schlenderte die Treppe hinauf.

Als sie außer Hörweite war für Sinclair fort: „Und du bist dir auch ganz sicher, dass du nicht erpresst wird oder ähnliches?“

„Ernsthaft? Bisher warst du doch immer der Rationale“, sagte Laura trocken.

Er seufzte: „Deine Mutter meinte, dass du vielleicht irgendwie dazu gebracht wirst so zu handeln und es aber nicht sagen konntest. Jetzt ist >sie< ja nicht da…“, sagte er mit einem kurzen blick die Treppe hinauf, „jetzt kannst du es sagen.“

„Da gibt es nichts zu sagen! Warum sollte ich auch!? Damit ich wieder die Prinzessin auf der Erbse sei kann, eingeschlossen in Papas Turm? Nein danke!“ Ihre Stimme wurde Lauter.

Sinclair blinzelte überrascht. Er hatte Laura noch nie so wütend gesehen, noch so missmutig ihrem Familienleben gegenüber. „Aber du schienst doch immer so glücklich bei deinen Eltern.“

„Natürlich! Wenn man auch nichts anderes kennt! Vor Katja hab ich noch nie in den Genuss von richtiger Freiheit kommen können. Weißt du wie sich das angefühlt hat einmal nicht zu tun was meine Eltern geplant hatten? Wie gut das tut aus sowas auszubrechen? Dank Katja bin ich frei!“

„Und du hast das auch sicher nicht aus der Euphorie zu rebellieren heraus gesagt? Du hast dich wirklich in sie verliebt?“

Sie verschränkte die Arme. „Ja. Ja, das hab ich.“

Katja, die oben außer Sicht am Geländer stand, viel ein Stein vom Herzen. Sie hatte nun genug gehört und ging mit federleichten Schritten ins Badezimmer, wo sie sich vor Erleichterung erst einmal sammeln musste.

Sinclair seufzte wieder. „Auch wenn ich nicht weiß, wem ich nun glauben soll, deine Eltern haben mich gebeten dich mit auf den Yard zu nehmen und nach Hause zu schicken. Allerdings…“ Seine Stimme verstarb und Powell der noch immer am Fenster stand drehte sich um und fuhr fort: „Allerdings können wir nur ‚Kinder‘, dazu zwingen mit uns mit zu kommen.“

Wie er Kinder betont hatte. Ein Schlupfloch! Greg und sein Kollege boten ihr tatsächlich ein Schlupfloch, um bei Katja bleiben zu können! Auch er musste wohl wissen das Lauras Vater sie nie wieder aus den Augen oder dem Haus lassen würde, sollte er sie wieder in die Finger bekommen.

Nach einer kurzen Gedankenpause schritt Powell zur Tür und Sinclair übernahm wieder das Wort. „Nun denn junge Dame, wenn sie bitte mit uns mitkommen würden?“

Laura streckte die Brust raus und setzte die Stimme einer feinen englischen Dame auf. „Nein. Ich bleibe. Ich bin über 18 sie können mich nicht dazu zwingen, es sei denn ich habe eine Straftat begangen. Werde ich eines kriminellen Akts bezichtigt?“

„Nein, das werden sie nicht.“

„Dann muss ich sie bitten zu gehen.“

Lauras Stimme verriet nicht, dass ihr dieses kleine Rollenspiel größten Spaß bereitete und öffnete die Tür für die beiden.

„Sie hören dann in den nächsten Wochen von uns“, sagte Sinclair höchst professionell und wünschte seiner Nichte gemeinsam mit Powell einen schönen Tag. Sie schloss mit erleichtertem Lächeln die Tür und sank daran zu Boden. So leicht würden ihre Eltern nicht aufgeben, das war ihr nun klar. Doch was sollte als Nächstes kommen?

Um nicht noch weiter daran zu denken, stieg Laura die Treppe empor und ging ins Badezimmer aus dem sie bereits angenehm rieselndes Wasser hören konnte. Katja bemerkte sie, als sie die Tür schloss und zog sich vor ihren Augen aus. Dann stieg sie zu Katja in die Glaskabine, ihre blutroten Haare tropfnass auf der Brust liegend. Laura legte eine Hand auf ihr Herz und schaute sie an. „Das war knapp.“

„Schon okay“, sagte Katja, „wir stehen das durch.“

~~~~

Es war ein nebliger Novembermorgen als Katja aufwachte und aus dem Fenster schaute. An den Scheiben hingen vereinzelt kleine Regentropfen und ihre Sicht auf die Themse war nicht mehr wie gewöhnlich auf Gebäude oder die Windung hinter der Eisenbahnbrücke beschränkt. Für etwas länger als ein Jahr lebte sie hier schon. Das erste Mal wirklich weg von Zuhause, von allen die sie kannte. Und noch mehr als das. Mit ihrer Aufgabe kam sie zum ersten Mal richtig, mit der Welt der „Normalos“ in Kontakt. Im Prinzip waren sie, genau wie die Halter einfach nur Menschen, doch normal in dem, Sinn da sie nicht der Halterschaft angehörten, nicht Teil der Welt um die Tierblüter waren, von der Katja sich manchmal fragte, ob es sie noch gäbe wenn sie älter sei.

Da Laura noch schlief stand sie, als sie genug vom Dösen hatte, auf und machte Frühstück. Für gewöhnlich reichte allein der Geruch von gebratenem Speck oder Spiegelei dafür aus Laura einen Schubs zu verpassen. Da Katja es über alles liebte, Leute zu bekochen und dieses Hobby seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr ausleben konnte, war es ihr eine wahrliche Freude für ihre Liebste etwas zu zaubern. Daran dass es immer sie war und nie Laura, die es herrichtete, verschwendete sie keinen Gedanken.

Nachdem sie fertig gegessen hatte und Laura noch immer schlaftrunken über einem Brot und warmer Schokolade hing, ging sie hinunter zum Pförtner um zu schauen, ob es was Neues im Briefkasten gab. Sie war ihrer Großmutter außerordentlich dankbar, dass sie ihr die Gepflogenheiten des Lebens in der normalen Gesellschaft mit dem Hintergrund eingetrichtert hatte, dass sie als zukünftige Oberhalterin auch wissen müsse wie man mit ihnen umzugehen hat und wie sie leben damit man sie sich am besten vom Hals halten kann damit die Existenz der Tierblüter nicht auffliegt. Auch wenn sie die Lektionen damals verabscheute, kamen sie ihr im letzten Jahr zu Gute, denn sie wäre in fürchterliche Schwierigkeiten gekommen.

Tatsächlich lagen da zwei Briefe. – Einer adressiert an Laura, einer an sie selbst, beide mit dem Siegel des New Scotland Yard. Sie seufzte: „Na gut, runde drei.“ Wieder oben in der Wohnung sagte sie matt zu Laura: „Sieht so aus als ob dein Onkel deinen Eltern verraten hat, wo du wohnst.“ Sie legte den Brief für Laura auf den Tisch und tippte langsam mit den Zeigefinger darauf.

„Würde er nicht“, raspelte Laura mit ihrer Morgenstimme. „Er hält sich zu sehr an die Vorschriften, als dass er selbst seiner Schwester einen solchen Gefallen täte. Ich hoffe mal, er hat ihr den Kopf gewaschen.“ Dann nahm sie einen tiefen Schluck von ihrem Kaba auf eine Art, dass es so aussah als wäre sie ein Kneipengast, der sich wegen seiner Ehe betrank und leerte es in einem Zug.

Katja holte einen Brieföffner und reichte ihn Laura, nachdem sie ihren eigenen geöffnet hatte und begann stumm zu lesen. Ihr gefiel gar nicht was da stand. „Die spinnen doch! Die sagen ich hätte dich entführt!“ Oberflächlich las sie weiter, „Nanana… ‚da wir von ihnen eine Aussage sowohl in mündlicher als auch schriftlicher Form benötigen um den um den Umstand zu klären bitten wir sie zum 13.11.2015 in unser Präsidium‘!? Die haben doch n Arsch offen!“

„Und was machen wir dann?“, fragte Luna besorgt als sie mit ihrem eigenen Brief fertig war.

Katja dachte für einen Moment summend nach, dann sagte sie entschlossen: „Wir geben denen die Aussage. Denk mal drüber nach. Das kann uns nur helfen!“

„Da hast du auch wieder recht… Und tatsächlich entführen, also, >dir< wegnehmen können sie mich ja auch nicht“, erwiderte Laura glucksend.

Und so machten sich die beiden kaum zwei Wochen später auf den Weg zum New Scotland Yard.

Zum Glück gab es eine halbwegs bequeme U-bahn-Linie von Sloan Square nach Westminster, sodass sie für den gesamten Weg nur etwa eine halbe Stunde brauchten. Die beiden merkten allerdings schnell, dass es wesentlich unangenehmer würde als sie zuerst annehmen. Nachdem man sie eine halbe Stunde hat warten lassen, kamen zwei Uniformierte an sie heran getreten die sie in verschiedene Räume brachten. Während Laura verhätschelt wurde und man ihr gut zusprach, sie müsse nichts befürchten und könne alles schreiben was sie will, kam sich Katja vor wie eine Schwerverbrecherin.

Gemeinsam mit einem Stein von einem Menschen, setzte man sie in einen dunklen Verhörraum, der sie ausfragte wie sie Laura kennen gelernt habe und sämtliche Umstände die zu diesem Urlaub geführt hatten und dann was Katja beruflich tat, worauf sie sich weigerte zu antworten. Dann gab man ihr Stift und Papier, worauf sie unter den stierenden Augen des Steins die Ereignisse die dazu führten das Laura in ihrem Apartment endete, nieder schrieb.

Wie ihr Laura nach fast 3 Stunden als sie endlich auf dem Heimweg waren erzählte, erging es ihr am anderen Extrem nicht besser. „Uuuuund die wollten eiiiinfach nicht aufhören mir einzureden wie ich denen alles sagen könnte. Mehrfach, hab ich ihnen gesagt, dass mich niemand entführt und niemand erpresst und in gestochener Schönschrift haben sies auch noch und es interessiert sie nicht. Wie wars bei dir?“

„Mmmm hmmm“, sagte Katja abwesend, die in ihrem Sitz lümmelte und so schaute, als wäre sie vom Anblick eines knatschgelben Elefanten traumatisiert worden.

„Katja?“, fragte Laura besorgt und schaute sie nun direkt an.

„Er hat mich einfach nur angestarrt. – Die ganze Zeit. – Wer macht sowas?“

„Oooch du Ärmste“, sie umarmte Katja und bot ihr dann an sich an sie zu lehnen. „Ich hätte mir das besser überlegen sollen.“

„Was meinst du?“

„Naja, ich hätte mit Sarah nach Hause fliegen sollen und dann mit dir überlegt wie wir weiter machen. So bereite ich dir voll die Umstände.“

„Das passt schon so. Aber mein Kopf fühlt sich wie ausgesaugt an.“

„Hmmm, wenn du willst, gebe ich dir ne Massage?“, schmunzelte Laura verführerisch.

„Ohh bitte, ich liebe deine Kopfmassagen!“

Endlich wieder im Apartment angekommen warfen sie ihre Sachen achtlos auf das Sofa im Eingangsbereich und gingen direkt hinauf ins Schlafzimmer. Die beiden zogen sich komplett aus und Katja legte sich mit dem Gesicht nach unten auf das Bett. „Nein so nicht, aufstehen!“, sagte Laura herrisch, faltete die große Bettdecke zusammen und reichte Katja ein U-förmiges Massagekissen damit sie bequem mit dem Gesicht nach unten liegen konnte.

Im Schneidersitz setzte Laura sich direkt vor Katjas Kopf und begann erst langsam damit ihr Haar mit den Fingern zu durchkämmen. Tiefer und tiefer drang sie vor bis sie Katjas Kopfhaut erreicht hatte und verstärkte dann den Druck ein wenig. „Mmh, feste“, stöhnte sie kaum hörbar.

„Gedulde dich doch ein wenig“, erwiderte Laura lächelnd.

„Spann du mich nicht so auf die Folter“, klang Katja dumpf unter dem Kissen hervor.

Etwas länger noch zögerte Laura es hinaus, bis sie mit der eigentlichen Massage begann und nahm sich einzeln Nacken, Ohren und Skalp vor und knetete ihre Liebste so richtig durch, dass sie stöhnte, als würde sie sexuell verwöhnt. Nachdem sie mit Katjas Kopf fertig war, fand sie, dass es wieder einmal an der Zeit war intim zu werden. Sie gab sich etwas Massageöl auf die Hände, rieb es warm und knetete als nächstes ihren Rücken durch. Mit langsamen Bewegungen und tiefem Druck lockerte sie ihre Muskeln und Nerven und arbeite sich Stück für Stück immer weiter an Katjas Rücken hinunter.

Als sie am Steiß ankam, stand Laura auf und kniete sich über Katjas nackten Hintern. Sie begann damit diesen einzuölen und mit den Fingerspritzen darauf zu kreisen, was Katja immer total verrückt machte. Und dann näherte Laura sich ganz unschuldig ihrer Scham. Ganz langsam tastete sie sich an Katjas Wülste heran und als sie mit einem Finger dazwischen hindurch fuhr fragte sie verführerisch: „Wie fühlt es sich da an?“

„Mmmh, mach weiter“, hauchte Katja die kurz darauf das Massagekissen davon schmiss und sich vor Erregung wand.

Dass Laura sie nur Oberflächlich umspielte machte sie völlig verrückt und durstig nach mehr. Sie spreizte ein wenig die Beine und hob ihren Hintern an, um Laura zu signalisieren, dass sie mehr wollte. Doch Laura spielte noch mit ihr.

„Ooohhhhh, mach schon!“, quengelte sie.

„Meinst du etwa so?“, erwiderte Laura, als sie ohne Vorwarnung mit zwei Fingern in Katja bis zum Anschlag eindrang und ihr Hügelchen mit dem Daumen in die Zange nahm.

„Iihjjaaa!“, jauchzte sie und vergrub ihre Hände in der Bettdecke. Die Massage tat als Vorspiel wahre Wunder für Katja, denn schon nach wenigen Momenten kam sie dem Höhepunkt nah, den sie dank Lauras geschulten Fingern in Windeseile erreichte. Fast schon flehend sah sie Laura an die weiter erbarmungslos ihre brachliegende Spalte bearbeitete, bis sie ein zweites Mal kam.

Noch während Katja benommen war, gab Laura ihr einen Kuss auf die Wange und sagte liebevoll: „Schlaf du ein wenig, mein Schatz. Ich geh nun einkaufen und wenn du wieder wach bist, hab ich das Mittagessen fertig.“ Und bis die Eingangstür hinter ihr ins Schloss gefallen war, war Katja eingeschlafen.

~~~~

Ungläubig starrte sie auf den Brief den Katja ihr vor die Nase hielt. Erneut an sie adressiert, erneut von Scotland Yard.

„Diesmal gibt es nur für dich einen“, sagte Katja kapitulierend, als ob sie sich nun nie wieder sehen würden.

„Da wird schon nichts Schlimmes drin stehen“, entgegnete Laura und versuchte möglichst optimistisch zu wirken.

Als sie den Brief vor sich hatte, war sie überrascht, dass er Handschriftlich verfasst worden war:

‚Liebe Laura,

trotz Deiner und Katjas Aussagen sind deine Eltern nicht davon abzubringen dich nach Hause holen zu wollen. Allerdings haben sie meinem Vorschlag zugestimmt mit dem nächsten Schritt zu warten und mit dir persönlich zu sprechen. Daher werden sie am 17. Dezember im Yard sein und auf dich warten.

Ob du kommst ist dir überlassen, doch bedenke, dass sie dann auf jeden Fall gegen Katja vor Gericht ziehen werden, auch wenn niemand, der mit eurem Fall zu tun hatte der Ansicht ist, dass Katja dich entführt hat.

Ich kann dir nur ans Herz legen gegen Nachmittag da zu sein und wenigstens mit den beiden zu reden. Doch ich muss dich warnen, falls dein Vater versuchen wird, dich einfach so mitzunehmen, können wir erst eingreifen, wenn er gegen dich handgreiflich wird. Leider gibt es für eure Situation keinen Präzidenzfall an dem man sich halten könnte, daher ist alles möglich.

Wir sehen uns, dein Onkel Gregory.‘

Stumm gab sie Katja den Brief zum Lesen. „Weißt du, ich versteh jetzt erst so wirklich warum du da unbedingt weg wolltest“, sagte sie nachdem sie fertig gelesen hatte und umarmte Laura fürsorglich.

Am schwarzen Tag nachdem die beiden zu Mittag gegessen hatten stand Laura fertig angezogen vor der Eingangstür. Als würde der Schritt hindurch ihr Leben verändern, schaute sie stumm die Klinke an und verlor sich in Gedanken wie es nun weiter gehen würde.

Katja trat an sie heran ohne dass sie es merkte, umarmte sie von der Seite und gab ihr einen Kuss auf die Wange. „Einen Taler für deinen Gedanken.“

Laura erwachte aus ihrer Lithargie, doch sagte erst nichts. Ihr Kinn bebte und sie wehrte sich gegen den Impuls zu weinen. „Ich will hier nicht weg“, sagte sie endlich mit brechender Stimme. Sie blickte ohne den Kopf zu heben auf zu Katja, die den Blick erwiderte und darin all die Sorgen fand, die Laura beschäftigten.

Sie legte ihre Stirn auf die Lauras und sagte sanft: „Und selbst wenn, uns beide kann man nicht mehr trennen.“ Katja nahm eine von Lauras Händen und legte sie auf ihr eigenes Herz. „Egal wie viel Distanz zwischen uns liegt, du bist immer hier drin, okay? Immer!“ Dann tat sie das gleiche bei Laura. „Und ich bei dir. Niemand kann das ändern. Nicht einmal wenn man dich einsperren würde.“

„Wir sind für immer verbunden“, brachte Laura zwischen ihren Tränen gerade so hervor, da sie es selbst kaum glauben konnte. Sie musste es einfach sagen um es wirklich begreifen zu können. Und es erleichterte sie immens.

„Für immer“, wiederholte Katja und ließ sie los. „Was auch passiert.“

Dann atmete Laura noch einmal tief durch und riss die Tür auf. Vermutlich, so dachte Katja, hätte sie es nicht geschafft wenn sie sich Zeit gelassen hätte. Katja schloss die noch offene Tür nachdem Lauras Schritte im Treppenhaus verstummt waren. Schon nach wenigen Schritten durch den Eingangsbereich wurden ihre Beine weich und sie musste sich setzen. Auf dem Sofa liegend kam es ihr so vor, als würde etwas fehlen. Ein Stück aus ihrer Brust, das man gewaltsam entfernt hatte. Sie rollte sich auf dem Sofa ein und widmete sich ihren Gedanken.

Viel Zeit blieb ihr dafür allerdings nicht, da das ferne Vibrieren ihres Telefons im Esszimmer ankündigte sie habe eine Nachricht bekommen. Es traf sie wie einen Schlag in den Bauch, als sie die Worte ihres Vaters las. ‚Wo bleibst du? Du solltest schon längst wieder auf dem Schloss sein!‘

Katja entglitt die Realität ähnlich wie das Handy ihrer Hand. Vorher fühlte sie sich nur unbehaglich. Nun jedoch wurde ich regelrecht übel.

Ihr wurde schwindelig und all die Erinnerungen die sie verdrängt hatte seit sie mit Laura in Costa Rica am turteln war kochten hoch. Das Schloss. Die Tierblüter. Ihre Mutter. Die Fehden. Was ihr Auftrag war und was sie mit Laura zu tun hatte, sollte sie kein Tierblut sein. Wie eine Marionette der man die Fäden durchgeschnitten hatte klappte Katja zusammen und konnte sich noch gerade so mit den Händen fangen und auf dem weißen flauschigen Teppich abstützen, den sie extra unter dem Esstisch ausgelegt hatte. Es war ein ähnlich weicher Teppich wie der in ihrem Turmzimmer vor ihrem Bett. Ein Hauch von etwas schönem. Sie versuchte sich darauf zu konzentrieren doch die Panik ergriff gnadenlos Besitz von ihr.

Ihr Atem ging schneller und schwerer und sie versuchte sich zu orientieren – verkrallte sich richtig mit den Händen im Teppich. Noch immer drehte sich alles. Dann kam der Brechreiz. Mit dem letzten Rest Geistesgegenwart der ihr blieb, schleppte sie sich torkelnd in die Küche und hangelte sich über die Spüle genau in dem Moment da es ihr hoch kam. Als es vorbei war bemerkte sie den widerwärtigen Gestank und Geschmack, doch es dauerte noch ein wenig bis sie sich stark genug fühlte um eine Hand vom Spülenrand zu nehmen und den Wasserhahn aufdrehen zu können.

Noch immer benommen nahm sie immer eine kleine Hand voll Wasser auf und säuberte sich erst oberflächlich, dann trank sie ein wenig. Erst als die letzten Reste aus der Spüle in den Abfluss verschwanden, verflog langsam ihre Desorientierung und Übelkeit. Langsam. Ganz langsam glitt sie an der Arbeitsplatte entlang zum Schrank mit den Trinkgläsern und dann zurück zur Spüle um eines zu füllen. Erst als sie es leer getrunken hatte, kam wieder das Gefühl in ihr auf, Herrin ihrer Sinne zu sein.

Sie füllte das Glas erneut und nahm es mit in den Essbereich. Nachdem sie sich noch ein paar Schlucke gegönnt hatte, klaubte sie ihr Handy vom Boden auf, das zum Glück nicht kaputt gegangen war. Was konnte sie tun? Was für Möglichkeiten hatte sie? Laura aufzuklären kam für sie noch nicht in Frage. Sie würde Katja für verrückt halten. Das einzige was sie tun konnte, war Zeit zu schinden. Ihre Liebste besser kennen lernen, gemeinsam Leben und nach ein bis zwei Jahren würde sie es Laura beichten könnten. Wenn sie ihr vertrauen würde und sicher sein könnte, dass Katja ihr keinen Stuss verzapfte.

Dann dachte sie an Rosa, die Schäferhündin ihres Vaters. Sie hatte ihre Geheimnisse immer vor ihm bewahrt, auch wenn sie es nicht sollte. Doch wie sollte sie sie kontaktieren, wenn sie kein eigenes Telefon besaß? Dann traf sie der Geistesblitz: Sie könnte einem der Bauhunde mit dem sie wegen ihrer Waldhütte in Kontakt stand, eines zukommen lassen.

So ging sie kurzerhand zum nächsten Elektronikladen und kaufte ein Gerät auf dem sie direkt eine Nachricht hinterließ. ‚Liebe Rosa, ich möchte meinem Vater nicht antworten, aber auch nicht, dass niemand weiß was mit mir passiert ist. Bitte nehme über die eingespeicherte Nummer zu mir Kontakt auf, sobald du das hier bekommst. Mir geht es gut, aber bitte teile niemandem mit, dass du mit mir in Kontakt stehst, es sei denn es ist ein Notfall. Komme vorerst nicht aufs Schloss zurück. Katja.‘

Auf dem Heimweg packte sie es grob in alte Zeitungen, brachte es in eine Packstation und ließ das Paket an ihr Postfach am Münchner Flughafen liefern. Dann kontaktierte sie Arno, den obersten Bauhund: ‚In den nächsten Tagen erreicht eine Eilsendung mein Postfach in München. Bitte lasse sie Rosa zukommen, aber niemand darf es mitbekommen. Lösche diese Nachricht sobald du sie Erhalten hast. Danke!‘

„So, erledigt“, sagte Katja zufrieden mit sich und schlenderte nun halbwegs entspannt zurück zu ihrem Apartment. Oben angekommen bemerkte sie an ihrem Atem, dass noch ein wenig Erbrochenes zu riechen war. Da sie sich sowieso etwas schmutzig fühlte, entschied sie sich nachdem sie sich die Zähne geputzt und den Mund gründlich gespült hatte, zu duschen.

~~~~

Laura fand sich im großen Scotland Yard Hauptquartier am Westminster überhaupt nicht zurecht. Für eine halbe Ewigkeit so kam es ihr vor, irrte sie durch die Korridore und an Türen vorbei an denen es oft hieß „Nur für autorisiertes Personal“ was für sie ja unerheblich war, da sie ihren Onkel besuchte. Dann endlich erreichte sie die dunkle Holztüre auf die eine Messingplakette aufgeschraubt war: ‚Chief Inspector Gregory M. Sinclair.‘

Nochmals atmete sie tief durch und dann klopfte sie dreimal.

Einen Moment später öffnete ihr Onkel und ließ sie herein. Ihre Eltern saßen zu ihrer Erleichterung noch nicht da. „Ich habe die beiden gebeten in unserem Pausenraum Platz zu nehmen, bis du kommst. Es wäre besser, wenn du nicht direkt überrumpelt würdest.“

„Sehr aufmerksam“, bemerkte Laura etwas nervös.

Er drückte auf einen Knopf an seinem Tisch. „Glenda. Schickst du mir bitte meine Schwester und ihren Mann?“

Laura sah sich um. Das Büro wirke mit den grün bezogenen Stühlen und dem hölzernen Inventar ziemlich langweilig und müde. Sie konnte sich nicht vorstellen hier zu arbeiten.

„Natürlich Inspektor“, drang die Stimme seiner Sekretärin durch einen Lautsprecher an Lauras Ohren.

„Warum setzt du dich dort hin?“

Sie schaute verwirrt.

Dann fuhr Gregory fort: „Deine Eltern werden dir gegenüber sitzen und du bekommst meinen Stuhl.“ Er kniff ähnlich wie bei einer Massage in die Rückenlehne des mit glänzendem braunen Leder bezogenen Bürostuhls, der so bequem aussah, dass sie sich kein zweites Mal einladen ließ. Sie legte ihre Handtasche auf den Tisch und fühlte sich augenblicklich der Situation gewachsen.

„Aber wo sitzt du?“

„Na da, an der Seite“, gluckste er und schlenderte hinüber zu einem kleinen unbequemen Stuhl, wie man ihn aus Wartezimmern kannte. „Ich bin nur hier für den Fall, dass dein Alter eskaliert“, dann flüsterte er ihr dezent kichernd und hopsend durch den Raum zu, „und draußen stehen noch zwei uniformierte bereit.“

Laura verengte nachdenklich die Augen. War ihr Onkel etwa tatsächlich erpicht darauf ihren Vater in seine Schranken zu verweisen? Unweigerlich zeichnete sich ein kleines Schmunzeln auf ihrem Gesicht ab, wenn auch nur ob der kindlichen Freude mit der Gregory sie angeschaut hatte. Dann klopfte es auch schon.

„Danke Glenda“, sagte Gregory, nachdem sie Lauras Eltern hereingewiesen hatte. Ihre Mutter voran kamen sie in den Raum. Sie war kaum älter als Anfang 40, etwas größer als Laura, hatte die selben grünen Augen und die helle Haarfarbe, jedoch waren ihre etwas kürzer und lockten sich zu den Spitzen hin mehr und mehr. Sonst war ihre zierliche Gestalt eher unscheinbar im Vergleich zu ihrem Vater. Mit seiner großen und eher massigen Gestalt, beherrschte er den Raum sofort und ohne Mühe. Zwischen all den Blondschöpfen sah der Mittvierziger mit seinem rabenschwarzen Haar ziemlich fehl am Platz aus.

Sie fanden jedoch erst nur die Rückenlehne des Stuhls vor sich, da Laura sich für einen dramatischen Auftritt in Pose setzen wollte. Nachdem ihre Eltern Platz genommen hatten, drehte sie sich um und schaute die beiden an wie ein Geschäftsmann der dabei war sie zu feuern.

„Du glaubst doch nicht dass, diese Szene hier irgendwas bringt oder?“, brummte ihr Vater unbeeindruckt. Laura hatte davon nur noch genug. Ständig von oben herab wie ein Kind behandelt zu werden. ‚Ja, Papa.‘ war für sie so normal wie das Amen in der Kirche.

Dann gab sich Laura einen Ruck und meinte es zum ersten Mal ernst, als sie ihrem Vater widersprach. „Ob es was bringt oder nicht ist nebensächlich. Ich bleibe.“

„Tust du nicht.“

„Johannes“, hauchte ihre Mutter und legte eine Hand auf seinen Arm.

„Du kommst schön mit uns mit nach Hause und dass du dir in Zukunft solchen Urlaub abschminken kannst, ist dir ja wohl auch bewusst“, fuhr er fort, ohne ihrer Mutter Beachtung zu schenken.

Noch immer schien er seine Tochter für einen aufmüpfigen Teenager zu halten, doch hier hatte Laura gegen ihn endlich die Oberhand und eine Chance zu entkommen. Nicht wie früher wo sämtliche Versuche auch mal raus zu kommen im Keim erstickt wurden, weil es keinen anderen Ort gab wo sie hätte hingehen können. Aber jetzt… jetzt hatte sie Katja… hatte ein Leben.

„Dafür wirst du mich hier schon raus zerren müssen.“

„Wenn du nicht spurst wird es auch darauf raus laufen Fräulein.“

Gregory räusperte sich lautstark, doch sagte nichts und erwiderte keinen der drei Blicke die ihm zugeworfen wurden.

Gerade wollte ihr Vater wieder anfangen als ihre Mutter dazwischen funkte. „Laura, Liebes. Wir vermissen dich! Und wir haben Angst um dich! Komm doch einfach mit uns nach Hause und dann können wir immer noch schauen ob mit deiner Kaja alles in Ordnung ist.“

„Alles in Ordnung!? Das müsst gerade ihr sagen!“

„Sie ist eine Fremde, Laura und du kennst sie noch gar nicht richtig.“

„Ich kenne sie genug! Und sie kennt mich mittlerweile besser als ihr beiden!“

Lauras Stimme brach bei dem Gedanken wie offen sie mit Katja über alles reden konnte was sie bedrückte. Und wie sie sogar zuhörte und sich einmischte und ihre Ansichten auch hinterfragte und herausforderte, statt sie in den Wind gesprochen stehen zu lassen.

„Wie kannst du es wagen, deiner Mutter anzutun so etwas zu sagen!“, bellte ihr Vater plötzlich, doch Laura schreckte nicht zusammen wie sie es sonst getan hätte. Sie hatte keine Angst mehr vor ihm. Sie hatte mehr Angst davor, ohne Katja sein zu müssen.

„Ich hab dir nichts mehr zu sagen“, spie sie ihm in ruhigem Ton entgegen während ihr eine Träne die Wange hinunter lief.

„Wir werden sehen was du sagst wenn wir dich enterben!“

Gregory war nun aufgestanden und sagte in gebrochenem Deutsch: „Ich muss dich jetzt bitten draußen zu warten Johannes.“

„DU kommst mit nach Hause!“, sagte er barsch und zeigte mit einem wurstigen Finger auf Laura, dann schlug er die Tür hinter sich zu.

„Na, das lief ja Fabelhaft“, sagte Gregory wieder auf Englisch und wand sich den beiden Frauen zu.

Laura gab sich nun den Tränen vollends hin und Speichel lief auf den Schreibtisch. Ihr war nun alles egal. Wie konnten ihre Eltern ihr das nur antun sie so wegzusperren, sie so zu kontrollieren. Wie konnte ihre Mutter das zulassen?

Dann wurde sie zur Seite gedreht, fühlte eine Hand an ihrer Wange, die ihr den Kopf hob und sah verschwommen die Augen ihrer Mutter vor sich. Laura fiel ihr fast sofort um den Hals.

„Geht es dir wirklich so schlecht bei uns?“

Laura heulte zur Antwort nur noch lauter, doch ihre Mutter verstand.

„Aber warum hast du dann nie was gesagt, my little flower?“, fragte sie weiter und hielt Laura fest.

Als sie nicht mehr hyperventilierte versuchte sie sich noch immer schnappend zu erklären: „Ich h-h-habs einfach vorher nie geschnall-ll-t. Seit ich Katja habe is mein ga-h-h-hanzes leben so viel aufregender.“

Die ganze Zeit ließen die beiden sich nicht los und Gregory nahm auf der anderen Tischseite Platz und versuchte die hochkochende Empathie für Lauras Situation nicht zu zeigen.

„Ich vermisse dich so seh-h-her, aber Papa würde mich nie wieder gehen lassen ich weiß es einfach.“ Ihr Schluchzen und Schnappen verstärkte sich für einen Moment wieder und so beendete ihre Mutter den Satz für sie: „Und du willst nun nicht nur diese Freiheit verlieren die du vorher nicht kanntest und auch Katja nicht. Das versteh ich.“

„Bitte sag mir, dass sowas nicht auf mich zukommt, Marge?“, versuchte Gregory zu witzeln um die Stimmung etwas aufzuhellen und tatsächlich kicherte Larua zwischen ihrer Schnappatmung hindurch.

„Oh nein, keine Sorge Greg, Jungs machen sowas nicht. Die brechen sich eher permanent Arme und Beine“, erwiderte sie und er rollte die Augen. „Weißt du, dein Onkel hat es früher immer so gut geschafft sich irgendwie durch waghalsige Taten zu verletzen, dass er wegen seiner Fehlzeiten ein ganzes Schuljahr nachholen musste. Dann war er in einer Klasse mit mir und 5 Minuten später nannten ihn alle Greg.“

Er seufzte, doch Luna lachte nun, auch wenn sie noch immer ein wenig schnappte.

„Bitte nimm mir Katja nicht weg.“

Margret seufzte: „Mir wäre es wirklich lieber, wenn du sie vorher ein wenig besser kennen lernen würdest.“

„Ich kann sie dir vorstellen!“, meinte Laura euphorisch. „Und Greg kennt sie auch schon!“

„Sie schien etwas vorsichtig mir gegenüber, aber ich war auch in dienstlicher Sache unterwegs“, sagte er schulterzuckend. „Ihr Englisch allerdings ist wirklich fabelhaft!“

„Sie redet britisch!“

„Interessant. Und das als geborene Deutsche. Sehr interessant. Erstmal muss ich aber deinen Vater beruhigen. Ich bin mir aber sicher dass ich ihn davon überzeugen kann zurück zu bleiben, während du mir Katja vorstellst.

„Dann warte ich unten in der Lobby auf dich?“

„Ich glaube, dass das besser wäre“, sagte Margret schließlich und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.

~~~~

Als Katja hörte wie das Schloss der Wohnungstür öffnete und Luna sich ankündigte, überschlug sich ihr Herz mehrmals. Sie war froh ihren Heulkrampf unter Dusche gehabt zu haben, sodass Laura die Spuren davon nicht sehen würde. Die beiden rannten sich im Eingangsbereich in die Arme und nahmen sich dabei gegenseitig fast von den Füßen.

„Ich hatte solche Angst dich nie wieder zu sehen“, sagte Katja die ihr Glück kaum fassen konnte.

„Ich auch. Aber ich wusste ganz tief drin, dass nichts passiert.“

„Verbunden für immer.“

„Verbunden für immer.“

„Ich hab jemanden mitgebracht“, sagte Laura nachdem sie sich aus ihrer Umarmung lösten und deutete zur Eingangstür. Im Rahmen stand Margret Sinclair.

„Das ist meine Mama“, sagte sie auf Englisch und bedeutete ihr herein zu kommen.

Sie war noch etwas verblüfft davon wie die beiden regelrecht ineinander rannten, doch ließ es sich nicht anmerken. „Margret“, sagte sie und streckte Katja ihre Hand entgegen, die sie ergriff. „Aber du kannst mich ruhig Marge nennen“, fuhr sie mit einem Zwinkern fort. Katja war ihrerseits völlig von den Socken. Vor ihr stand das Ebenbild von Laura. Etwas reifer und älter zwar, aber bis auf die gelockten Haarspitzen würde Laura so in etwa 20 Jahren aussehen, könnte man direkt meinen.

„Katja“, erwiderte sie mit hörbarer Verblüffung und streckte ihr die Hand zum Gruß entgegen.

„Sorry, dass wir dich so überrumpeln, aber sie hat darauf bestanden dich ein wenig kennen lernen zu wollen, bevor sie wieder nach Hause fahren.“

„Gregory hatte schon erwähnt, dass dein Englisch gut sei, ich kann es kaum erwarten mir selbst davon ein Bild zu machen.“

„Nun, warum mach ich dir dann nicht einfach einen Tee und wir machen uns gemeinsam einen schönen Nachmittag?“

„Mit Wonne!“

„Geht ihr beiden schon mal ins Esszimmer. Ich muss unbedingt ablegen und was Kuschliges anziehen“, sagte Laura, die noch immer ein wenig mit den Zähnen klapperte und von der Dezemberluft gerötete Wangen hatte. Katja deutete Margret vorzugehen. Sie nahm am Tisch Platz während Katja sich an ihrem Tee zu schaffen machte.

„Also, Margret Sinclair?“, fragte sie in ihre Richtung auf Englisch, um das Eis zu brechen.

„Gut aufgepasst“, lächelte sie zurück. „Ich hoffe doch, mein Bruder hat Eindruck gemacht?“

„Hah, kann man so sagen. Eher Sorgen als Eindruck, aber ich kann es dir nicht verübeln. Wenn ich meiner Mutter so den Rücken gekehrt hätte…“ Katja wand sich ab und spielte abwesend mit einem Teebeutel herum.

„Klingt so als würde sie genauso handeln wie ich.“

„Das auch. Aber viel mehr überrascht es mich, dass sie ihr altes Leben für mich so bedingungslos hinter sich lassen will. Ich halte es noch immer für einen viel zu schönen Traum.“

„Für dich mag es ein Traum sein, aber für mich das genaue Gegenteil. Ihr ganzes Leben lang dachte ich, alles ist okay und es geht ihr gut. Und auf einmal will sie nicht mehr nach Hause und ich bekomme zu hören ich halte sie gefangen.“ Ihre Miene wurde auf einmal sehr hart und kalt.

Katja blinzelte nur und fragte sich ob Margret auf das heraus wollte woran sie gerade dachte.

„Du hast ihr keine Flausen in den Kopf gesetzt, oder?“

Zwickmühle… In einer Zwickmühle befand sie sich nun. Es war nun egal was sie sagte. Ob Margret ihr glaubte hing ganz davon ab, was sie hören wollte. Gerade wollte sie antworten, da hielt sie einen Moment inne als ihr ein Gedanke durch den Kopf schoss. Mit einer hochgezogenen Braue sagte sie schließlich: „Solltest du – als ihre Mutter – nicht nur wissen, dass sie sowas mit sich nicht machen lässt, sondern auch eine höhere Meinung von deiner Tochter haben?“ Sie wusste, dass sie sich damit nun aufs dünne Eis begeben würde, doch sollte Lauras Mutter genauso schlimm sein wie ihr Vater, würde sie für sie kämpfen.

Doch dann, nachdem sie Katja für einen Moment weiter so ansah als wolle sie ihr die Kehle rausreißen, schien die harte Fassade abzubröckeln. Langsam formten Margrets Mundwinkel wieder ein lächeln. „Richtige Antwort“, sagte sie nun wieder mit herzlichem Ton. „Du stehst für sie ein, selbst gegen ihre eigene Mutter wenn du es für richtig hältst – Das gefällt mir.“

„Drei extra volle Löffel Honig?“, fragte Katja, die bei Margret pauschal von Lauras Tee-Präferenz ausging. „Wie die Mutter so die Tochter“, sagte sie unschuldig und freute sich wie ein Kind darauf.

Dann kam auch schon Laura von oben, eingewickelt in Pullis und Decken und setzte sich neben ihre Mutter.

Den ganzen Nachmittag verbrachten die Frauen schwatzend und lachend. Margret erzählte unter anderem von ihrer Schottischen Herkunft und peinlichen Momenten aus Lauras Kindheit, die sie, wie Katja fand, immer so putzig in Verlegenheit brachten. Katja hingegen versuchte anhand dessen was sie erzählte nach Möglichkeit nicht zu lügen, aber nur zu erzählen was auch wirklich nötig war. So sponn sie sich eine Geschichte aus Halbwahrheiten bei der sie nach ein paar Differenzen in ihrer Familie mal eine Auszeit nahm und seit nun einem Jahr alleine in London lebte. Das Geld für das Apartment habe sie aus einem Erbe erhalten.

Erst als es schon Abend wurde, ließ Margret durchblicken, dass es Zeit wäre zu gehen und sie Lauras Vater besänftigen sollte, der wohl auf heißen Kohlen saß.

„Katja“, begann sie dann in ihren Mantel und Schals gehüllt an der Eingangstür. „Ich kenne dich noch nicht wirklich. Aber du machst einen netten Eindruck. Ich kann es schon irgendwo sehen, dass mein kleines Blümchen sich in dich verliebt hat. Auch wenn ich es ungern zugebe.“ Sie strich Laura eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Sieht nun wohl so aus als müsste ich mich daran gewöhnen Weihnachten nun ohne dich zu verbringen.“

„Mama, ich lebe nur woanders, ich bin nicht tot oder sowas. Und außerdem sind London und Frankfurt nicht am jeweils anderen Ende der Welt“, meinte sie etwas bockig und verschränkte die Arme.

„Ich habe dich geboren, ich darf hier so sentimental sein wie ich will“, sagte sie liebevoll und kniff ihr in die Nase. Katja kicherte und dann Wand sich Margret auch schon ihr zu. „Pass gut auf sie auf.“

„Mach ich“, erwiderte Katja nickend.

Dann umarmte sie Laura und öffnete die Tür. Im Rahmen drehte sie sich kurz noch einmal um und sagte: „Nimm sie mir nicht weg“, was wie eine fast schon flehende Bitte klang, deren Schmerz Katja verstand. Ihre Kehle schnürte sich zu und so bemühte sie nur ein knappes „Werde ich nicht.“

Dann nickte Margret und schritt auf die Treppe zu. Während die Tür hinter ihr ins schloss fiel ließ sie endlich ihre Barrieren fallen und eine Träne rann ihre Wangen hinunter.

~~~~

Zu Weihnachten dekorierten die beiden das Apartment festlich und deckten sich in allerlei Genüssen ein, sowohl süß als auch salzig und tranken Glühwein zwangsweise daheim, da sie keine Weihnachtsmärkte in Chelsea ausmachen konnten. Meist verbrachten sie die Festtage und Neujahr kuschlig in Decken eingewickelt und sahen fern oder verwöhnten sich. Doch gingen sie auch gerne in den Park und lieferten sich erbitterte stundenlange Schneeballschlachten gegen entweder einander oder eine Horde Kinder gegen die sie sich zusammen tun mussten und kamen eines Tages sogar mit Schaufeln um sich Wälle und Gräben zu bauen. Auch diese Tage endeten durchnässt und unterkühlt unter der Decke, wo sie sich wieder in Windeseile aufwärmten und einander genossen.

Eine Sache gab es aber, die stieß Laura ein wenig auf. Jeden Tag zu ungefähr derselben Zeit zwischen Frühstück und Mittagessen, schnappte Katja sich ihren Laptop und verschwand für zwei Stunden in ihr Arbeitszimmer. Was sie dort tat Wollte sie nicht verraten, doch sie konnte ein paar Tage vor ihrem 19. Geburtstag aus Katja herauskitzeln, dass sie wohl „arbeitete“. Das machte Laura natürlich umso neugieriger, denn von Arbeit war bisher bei Katja nie die Rede. Immer nur Erbgeld.

Sie wollte allerdings nicht zu forsch wirken und rief sich immer wieder ins Gedächtnis, dass sie ja Zeit hatte. Zeit mit ihr, Zeit mit sich selbst. So schmiss sie in den zwei Stunden in denen Katja sich einbunkerte je nach Laune den Haushalt oder las ein Buch. Manchmal auch ließ sie sich zum Fernsehen hinreißen, doch die Machart des britischen Fernsehens war ihr zu schnell, zu laut und bombastisch, als dass sie es genießen könnte. Doch wo die Fernsehsender nicht Abhilfe schaffen konnten, gab es Streamingdienste und so konnte sie immer einen kurzen Film genießen, bis Katja auch schon wieder aus ihrem „Kabuff“ kam, wie sie es liebevoll nannte und der Tag wieder in Zweisamkeit verbracht werden konnte.

~~~~

[17.12.15 – 14:26] Liebe Rosa, ich möchte meinem Vater nicht antworten, aber auch nicht, dass niemand weiß was mit mir passiert ist. Bitte nehme über die eingespeicherte Nummer zu mir Kontakt auf, sobald du das hier bekommst. Mir geht es gut, aber bitte teile niemandem mit, dass du mit mir in Kontakt stehst, es sei denn es ist ein Notfall. Komme vorerst nicht aufs Schloss zurück. Katja.‘

[28.12.15 – 2:35] Ich bin so froh von euch zu hören Fräulein Katja! Was ist denn passiert, warum diese Geheimnistuerei?

[28.12.15 – 11:05] Hat alles gut geklappt?

[28.12.15 – 23:58] Ja hat es! War sogar ziemlich lustig! Arno und ich haben uns so abgesprochen, dass wir uns ein wenig in einander verguckt haben und zum Festessen gab er mir dann das Paket von euch. Alle dachten es wär ein privates Geschenk. Zum Glück hat niemand weiter nachgehakt. Euer Vater ist euretwegen aber in ziemlicher Sorge. Und die Gerüchteküche brodelt auch wie nie zuvor. Ihr fehlt nun schon das zweite Julfest und so langsam werden hier alle ein wenig Zapplig. Eure Kochkünste werden auch vermisst.

[29.12.15 – 11:20] Tut gut von zuhause zu hören. Mein Vater ist kein guter Gesprächspartner. Ich versuche mich kurz zu fassen und bitte dich darüber und dass wir in Kontakt stehen niemandem zu verraten. Er gab mir den Auftrag 7 junge Frauen auf das Serum zu testen. Bisher waren alle Negativ. Vor 3 Monaten habe ich die siebte kennen gelernt und mich verliebt, sonst wäre ich jetzt schon wieder zuhause. Ich werde mich ihr weiter annähern und komme dann mit ihr in ein paar Monaten aufs Schloss – Egal ob Tierblut, oder nicht.

[30.12.15 – 1:14] Oh welch erfreuliche Nachricht! Und ich finde es gut, dass es euch egal ist ob sie Tierblut ist oder nicht. Ihr solltet nicht so viel darauf geben, dass euer Vater euch Druck macht.

[30.12.15 – 10:51] Ist leider nicht so einfach, wenn man sich selbst auch Druck macht. Ich möchte mich bei dir bedanken, dass du das für mich machst. Im Notfall möchte ich vermeiden dass niemand weiß wo ich bin oder was passiert ist. Bitte erzähle meinem Vater nur von unserem Kontakt falls wir angegriffen werden oder in ähnlichen Notfällen. Ich weiß was ich hier von dir Verlange, aber ich bin in ein paar Monaten bestimmt wieder zuhause. Nochmals danke. Ich melde mich dann wenn es Neuigkeiten gibt.

[30.12.15 – 22:12] Ach, wofür wären wir Tierblüter gut, wenn wir nicht einmal solche einfachen Aufgaben erfüllen könnten. Für euch mach ich sowas doch jederzeit Gerne Fräulein Halterin! Dann wünsche ich euch einen guten Rutsch und ebenso gute Monate. Auf eure baldige Rückkehr.

[31.12.15 – 11:39] Dir auch Rosa! Danke.

Wie hat dir die Geschichte gefallen?

Durchschnittsbewertung 4.8 / 5. Anzahl der Bewertungen: 18

Noch nicht bewertet

Schade, dass dir die Geschichte nicht gefällt.

Was hat dir nicht gefallen? Dein Feedback wird nur den Autoren im Autorenforum anonym angezeigt. Die Feedbacks werden einmal am Tag dorthin übertragen.

Unsere Autoren freuen sich über jeden fairen Kommentar, auch wenn er kritisch ist. Kommentare werden vom storyZOOnen-Team manuell freigeschaltet.

Views: 6882

15 Kommentare

  1. Wolfgang Keller

    hallo queen_e. die geschichte um katja und luna die du aus dem nichts zauberst, ist einfach super und geil geschrieben. ich hoffe du hast noch sehr viele ideen und schreibst noch sehr lange an ihr.

    mfg
    brimen

    Antworten
    • Queen_E

      Wolfsblut ist weiterhin in Arbeit, aber leider wegen Arbeit im echten Leben nicht mehr ganz so einfach zeitlich zu wuppen :/

      Antworten
  2. Wolfgang Keller

    schade!! ich glaube von wolfsblut kommen keine neuen teile mehr. ist eine geile geschichte,aber vielleicht kommt ja noch was und vielleicht sind es auch gleich mehrere teile

    Antworten
  3. Wolfgang Keller

    hi queen_e. es ist sehr schade das du keine fortsetzungen mehr schreibst. hätte sehr gerne gewuaat wie es mit katja und luna weiter geht.

    Antworten
  4. Bert

    Bekommt man hier noch Informationen ob die Geschichte noch weiter geht? Ich fand die Geschichte bis jetzt richtig gut und schön geschrieben! Ich hoffe es geht noch weiter wel es doch angekündigt wurde! Ich hoffe noch weiter dass sich noch was tut.

    Antworten
    • Kuschel

      Aus persönlichen Gründen hat sie mit dem Schreiben aufgehört. Natürlich kann es sein, dass sie irgendwann wieder anfängt. – Man weiß ja nie.

      Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert